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Krieger mit Stab

 

Krieg, Kämpfer, Stab und Kunst

Tom Waits (ich liebe dessen Musik und seine rauhe, versoffen und verrauchte Stimme) hat das Dileamma des Kriegers in seiner Ballade "The Day after Tomorrow" so schlicht aber intensiv ausgedrückt: "It is so hard. And it's cold here. And I'm tired of taking orders". In diesen zwiespältigen Gefühlen ist die Raku-Figur Krieger entstanden. Ob man es dem Krieger ansieht?

Krieger (eine Szene von Anna Hohenberger)

Er hebt den Stab ein wenig, fixiert den Gegner dabei; spürt seinen Herzschlag in dem langen Schaft der Waffe vibrieren. Die tuchumwickelte Spitze folgt den Bewegungen seines Gegenübers. Zielstrebig setzt er einen Fuß vor den anderen, schiebt er sich vorwärts. Der gegnerische Speer schnellt vor, doch er lenkt ihn mit einer beiläufigen Bewegung der umwickelten Spitze ab. Er kommt näher. Der Tanz wird heftiger.

   Die Kontrahenten bewegen sich geschmeidig, bei beiden sind die gleichen Bewegungsabläufe erkennbar. Der gleiche Rhythmus. Der gleiche Tanz.

   Aber er ist schneller, ein klein wenig gewandter. Seine Stöße und Schläge sind sparsam, elegant und vermeiden die unnötigen Schwünge, die sein Gegner macht. Mit jedem weiteren Angriff dringt er heftiger auf seinen Gegner ein, drängt ihn mehr und mehr in die Defensive.

Regen trommelt auf das Blechdach der Übungshalle Durch die Wellplastikvierecke, die darin eingelassen sind, dringt trübes, diffuses Licht.

Er hat den Gegner fast soweit.

   Da! Zwischen den Matten ist eine Lücke, in die der andere tritt. Sekundenlang ist er aus der Balance. In diese Lücke hinein führt er seinen Speer. Der Schaft der gegnerischen Waffe begegnet seiner eigenen mit einem lauten Knirschen und wird dem Gegner aus der Hand geprellt. Mit zwei raschen Schritten ist er in Position, und als er in der Bewegung innehält, verharrt das Ende des Stabes knapp unter dem Kinn seines Gegners.
   Für einen Moment ist nur das Geräusch des Regens zu hören, der ununterbrochen mit sanften Fingern über das Dach streicht. Dann räuspert sich der Alte und sagt:

   "Das reicht jetzt, Krieger." Krieger. So nennt ihn der Alte und er spürt, dass es eine Art Auszeichnung ist. Langsam lässt er den Speer sinken. Als er die Bewunderung in den Augen seines Gegners sieht, muss er lächeln. Krieger weiß, dass er nach nicht viel aussieht, hager wie er ist.

   "Ich sagte es dir bereits, Marek", meint der Alte mit einem Anflug von Selbstzufriedenheit. "Mit einem wie Krieger wirst du nicht fertig." Er nimmt dem Mann, der Marek heißt, den Speer aus der Hand. Krieger wickelt das Tuch von der Spitze seines eigenen Speers. Das matte Regenlicht glimmt sachte auf seiner Schneide.

   "Er macht seinem Name alle Ehre.", nickt Marek. Krieger lächelt.